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Hydrogeologische Verhältnisse in Rheinhessen
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Hydrogeologische Verhältnisse in Rheinhessen. Vortrag anlässlich des Bewässerungsseminars am 15.03.2006 in Oppenheim Dr. Thomas Kärcher, Landesamt für Geologie und Bergbau, Mainz (Grafiken und Tabellen in der PDF-Datei im Anhang) Anhand von Karten und Profilschnitten wird ein Überblick zu den geologisch-hydrogeologischen Untergrundverhältnissen in Rheinhessen (Mainzer Becken) gegeben. Die Grundwasservorkommen lassen sich unter hydrogeologischen und hydraulischen Gesichtspunkten beleuchten und die Möglichkeiten der Grundwassererschließung für Beregnungszwecke thematisieren. 1. Grundlagen Eine Zusammenstellung der wichtigsten hydrogeologisch-hydraulischen Grundlagen soll zum besseren Verständnis der hydrogeologischen Darstellungen beitragen. Schlüsselbegriffe hierzu sind: · Art des Grundwasserleiters (Poren-, Kluft- und Karstgrundwasserleiter) · Grundwasseroberfläche · Gesättigte und ungesättigte Zone, Grundwasserflurabstand · Freier und gespannter Aquifer · Durchlässigkeit, Transmissivität und Speicherkoeffizient · Hydrogeologischer Bau (Stockwerksgliederung in Grundwasserleiter/Geringleiter) 2. Hydrogeologischer Untergrundaufbau – Grundwasservorkommen Die Ausbildung der Grundwasservorkommen wird maßgebend durch den geologisch-tektonischen Aufbau des Mainzer Beckens und des Oberrheingrabens bestimmt. Grundwasserleiter Den größten Teil umfassen die Kalktertiär-Grundwasserleiter des Mainzer Beckens mit seinen Kalkplateaus und den Rheingraben-Randschollen. Gesteine der unterlagernden, grundwasser-geringleitenden Mergeltertiär-Schichtenfolge stehen in den tieferliegenden Tertiärsenken und Tälern an. Im Bereich des Alzey-Niersteiner Horstes treten Kluftgrundwasserleiter der Rotliegend-Sandsteine nahe an der Erdoberfläche auf. Porengrundwässer sind in den Terrassensedimenten der größeren Bachläufe ausgebildet. Im südwestlichen Teil stehen sedimentäre und magmatische Rotliegend-Gesteine in flächiger Verbreitung an. Der südöstliche Teil zwischen dem Hügelland und der Rheinebene wird von einem SW-NE gerichteten Schollenbau bestimmt, wo die Kalktertiärstufen in östlicher Richtung bis unter das Talniveau abgesunken sind. Das östlichste Teilgebiet liegt bereits in der Grabenscholle des Oberrheingrabens, aus dessen mächtiger Lockergesteinsfüllung heute das meiste Grundwasser für die Trinkwasserversorgung gewonnen wird. Permokarbon, Rotliegend Die Rotliegend-Sandsteine der Nahe-Gruppe (Wadern-Formation) bilden einen Kluftgrundwasserleiter, dessen Ergiebigkeit von der Intensität der tektonischen Beanspruchung (Klüftung) und dem Anteil der zwischengelagerten schluffigen Partien und Konglomeratbänken abhängt. In der Regel wird er von mächtigen tertiären Ablagerungen überdeckt, auf dem Alzey-Niersteiner Horst, der das Mainzer Becken in Südwest-Nordost-Richtung quert, ist in dem Kluftgrundwasserleiter unter geringmächtiger Überdeckung meist höhermineralisiertes Grundwasser ausgebildet. Tertiär “Mergeltertiär”- Unteroligozän (Rupelton bis Untere Cerithienschichten) Die unteroligozäne Beckenfazies der Mergel und Tonmergel des Rupelton ist als Grundwasser-Geringleiter ausgebildet und wasserwirtschaftlich ebenso unbedeutend wie die Schichtenfolge des Schleichsand und der Cyrenenmergel. Dort wo die partienweise auch feinsandigen Schleichsand-Mergel oberflächennah anstehen, kann die geringe Ergiebigkeit der Kluftgrundwasserleiter für lokale Bruchwasserzwecke genutzt werden. Als Küstenfazies treten im unteren Teil der oligozänen Schichtenfolge grobklastische Sedimente auf (Meeressand), die durch Abtragung und Aufarbeitung der Gesteine der damaligen Küstenlinie entstanden sind. Die Sande und Kiese aus Rotliegend-Sandstein und Konglomerat bilden bis mehrere Zehnermeter mächtige Porengrundwasserleiter mit mäßigen Ergiebigkeiten. Während sie gegen die überlagernden Kalktertiär-Kluftgrundwässer durch die Rupelton-Schichtenfolge gut abgedichtet sind, stehen sie häufig mit den unterlagernden Rotliegend-Grundwässern in hydraulischem Kontakt (Wassergewinnung durch Tiefbrunnen in Eckelsheim. Im Raum Gau-Bickelheim-Wallertheim sind an der Tertiärbasis Kiese und Sande eines ehemaligen Flusses abgelagert, aus denen mehrere Brauchwasserbrunnen Grundwasser fördern. “Kalktertiär”- Oberoligozän bis Untermiozän (Cerithienschichten (Obere- Mittlere), Inflata Schichten, Hydrobienschichten) Die Kalksteine, in Wechsellagerung mit Mergel und Tonmergel bilden den bedeutsamen Kluftgrundwasserleiter der Kalktertiär-Schichtenfolge. Die mehrere cm bis dm mächtigen Kalksteinbänke sind meist durch Klüfte, Störungen und Verkarstungen hydraulisch verbunden und als zusammenhängender Grundwasserleiter zu betrachten. Dennoch können die Schichtwässer in den einzelnen Kalksteinbänken unterschiedliche Grundwasser-Druckpotentiale aufweisen. Besonders hohe Ergiebigkeiten sind an Störungen und insbesondere an Verkarstungsbereiche gebunden. Der Grenzbereich Mittlere / Untere Cerithienschichten mit dem lithologischen Wechsel zu den unterlagernden geringdurchlässigen Mergeln und Tonmergeln wirkt als Wasserstauer und bewirkt den für Rheinhessen typischen Quellhorizont an den Plateauhängen. Die Schichtquellen waren seit altersher die Grundlage für die Ansiedlungen; heute speisen aufgrund der Nitratbelastungen der Kalktertiärwässer nur noch wenige in das Trinkwasserversorgungssystem ein. Die Mächtigkeit des gesamten Kalktertiär-Grundwasserleiters beträgt zwischen 20 und 150 m; in den abgesunkenen Rheingraben-Randschollen am Südostrand des Mainzer Beckens ist er bis weit unter das Talniveau mit seinen größten Mächtigkeiten ausgebildet . Auf den Kalkplateaus ist er meist wenige Zehnermeter mächtig. Die Hauptabbruchkante zum Rheingraben wird durch die westlich von Westhofen von Südwest nach Nordost verlaufende Störung (Gundersheimer Stufe) markiert. Sedimente des Urrheins (Miozän und Pliozän) Über den Hydrobienschichten oder dem Schleichsand wurden bereichsweise bis mehrere Zehnermeter mächtige Lockergesteine abgelagert, in denen Porengrundwässer zirkulieren können. Sie umfassen die Schichtglieder der kiesig-sandigen Dinotheriensande sowie die mittelpliozänen Sande des jüngeren Urrheins. Die Ergiebigkeit des Porengrundwasserleiters reicht für einzelne Brauchwassergewinnungen aus. Das oberflächennahe Grundwasser ist aber gegenüber Schadstoffeinträgen meist stark gefährdet. Quartär Pleistozäne Terrassen- und Auensedimente Die oberflächennahen Grundwasservorkommen in den Terrassen- und Auensedimenten des Mainzer Beckens sowie in den mächtigeren Lößdecken sind insgesamt ohne wasserwirtschaftliche Bedeutung. Aufgrund des geringen effektiven Porenvolumens sowie der geringen Mächtigkeit sind sie wenig ergiebig und fallen in den Sommermonaten oftmals vollständig trocken. In der Rhein-Niederterrasse am Nord- und Nordostrand des Mainzer Beckens wird der bis 20 m mächtige Porengrundwasserleiter durch Brunnen für die Trinkwassergewinnung noch teilweise genutzt. Infolge von anthropogenen Beeinflussungen der gering geschützten Grundwässer verlagert sich die Trinkwassergewinnung aber zunehmend auf Uferfiltratgewinnungsanlagen (Beispiel Bodenheim, Ingelheim). Oberrheingraben Jungtertiär II und Pleistozän im Rheingraben Die pliozänen und pleistozänen Sande und Kiese der Oberrheingraben-Scholle bilden einen mächtigen Porengrundwasserleiter, dem eine große wasserwirtschaftliche Bedeutung zukommt. Für die Trinkwasserversorgung von Rheinhessen und der Stadt Mainz bildet er heute das wichtigste Grundwasser-Reservoir. Den Untergrundaufbau im Bereich von Guntersblum zeigt der hydrogeologische W-E-Schnitt in Abb. 3. Die Lockergesteinabfolge wird durch einen wenige Meter bis 40 m mächtigen tonig-schluffigen Zwischenhorizont in einen Oberen, quartären Grundwasserleiter und den durch Tiefbrunnen erschlossenen mächtigen Unteren Grundwasserleiter untergliedert. Grundwasserbewegung Die Grundwasserbewegung in den tieferen Grundwasserleitern der Meeressande und der Rotliegend-Sandsteine ist im Einzelnen nicht näher bekannt. Als Erneuerungsbereiche der gespannten, z.T. auch artesisch gespannten Grundwässer kommen auch weiter entfernt liegende Einzugsgebiete in Frage. Großräumig folgt die Grundwasserbewegung im Kalktertiär-Grundwasserleiter dem Schichteinfallen der Kalkstein/Mergelstein-Grenze und bildet den für Rheinhessen typischen Quellhorizont an den Hängen der Kalkstein-Plateaus. Die frei auslaufenden bzw. in Stollen und Quellschächten erschlossenen Schichtquellen (wie z.B. die Quellen in Nieder-Olm, Klein-Winternheim und Stadecken-Elsheim) dienten in früheren Zeiten zur energetisch günstigen Trinkwassergewinnung der Gemeinden. Die Einzugsgebiete der Quellen auf den Kalkplateaus sind begrenzt und demzufolge auch die Schüttungsmengen. Das Grundwasser wird durch Versickerung von Niederschlagswasser und bei mächtigerer Überdeckung durch Zufluss von lokalen hangenden Grundwasserstockwerken neu gebildet. In Abhängigkeit von der Mächtigkeit und Ausbildung der Kalktertiärüberlagerung sowie der Bodennutzung treten oft anthropogene Beeinträchtigungen des Grundwassers mit zusickernden Schadstoffen (Nitratproblematik) auf. In den Lockergesteinsbereichen über Talniveau folgt das Grundwasser der Geländeoberfläche und fließt den nächstgelegenen Vorflutern zu. Das flachgründig anstehende Grundwasser in den Lokalterrassen sowie in den Terrassen- und Auensedimenten der Bäche fließt parallel mit dem Bachverlauf. Entsprechend der Wasserführung in den Fließgewässern und dem Zustand der Gewässersohlschicht kann es zu In-und Exfiltration zwischen Bachwasser und Grundwasser kommen. Grundwasserneubildung Das Mainzer Becken zeichnet sich durch eine geringe Jahresniederschlagsmenge und eine hohe Verdunstung aus. Dementsprechend gering ist die Grundwasserneubildung. Nach der Datendokumentation im Wasserwirtschaftlichen Rahmenplan Rheinhessen – Kartenband- Blatt 20 (1998) beträgt die mittlere Niederschlagshöhe der hydrologischen Jahre 1961 -1990 für das Mainzer Becken 500 – 675 mm. Die mittlere jährliche Verdunstungshöhe liegt für das Versorgungsgebiet zwischen 375 und 425 mm (Kartenband- Blatt 48). Als mittlere Grundwasserneubildung werden für das Tafel- und Hügelland Raten zwischen 0,75 im Westen und Süden und 1,75 l/(s x km2) im Nordosten angegeben. In der Rheinniederung sind die mittels Lysimeteruntersuchungen ermittelten Neubildungsraten aus Niederschlag mit 1,75 – 2,25 l/(s x km2), entsprechend 55 - 70 mm, höher. Unter Berücksichtigung der Bodenverhältnisse ist außerhalb der überbauten Flächen mit einer mittleren Grundwasserneubildung zwischen 30 und 80 mm zu rechnen. 3. Möglichkeiten der Grundwassererschließung Aufbauend auf die Grundwasserverhältnisse und den hydrogeologischen Untergrundaufbau lassen sich grundsätzliche Aussagen zur Grundwassererschließung für Beregnungszwecke durch Brunnen treffen. Für entsprechend leistungsstarke Brunnen sind teilweise größere Bohrtiefen erforderlich.. Grundsätzlich ist für Brunnenneubauten auch die Lage zu den Zustrombereichen der Wasserschutzgebiete zu berücksichtigen. Probleme bei Brunnenbohrungen können sich dort ergeben, wo im Untergrund Festgesteine anstehen. Diese sind vielfach sehr heterogen aufgebaut und die hydrogeologischen Eigenschaften sind meist nicht genau bekannt. Hydrogeologische Voruntersuchungen zur Grundwassererschließung und zu geeigneten Brunnenstandorten sind grundsätzlich zu empfehlen. In diesen Fällen kommt der Alternativenprüfung (Anschluss an Beregnungsverband, Nachnutzung stillgelegter Brunnen etc.) eine wichtige Rolle zu. Die Nutzungssituation mit einerseits hohen Förderleistungen auf Grund fehlender Speichermöglichkeiten und relativ geringen Jahresgesamtentnahmemengen anderseits, legen die Bedeutung kooperativer Lösungen -ein oder mehrere Brunnen für viele Abnehmer in einem Verbundsystem- nahe. Bereitstellung von Beregnungswasser durch Brunnen Anstehende Hydrogeologische Einheiten · Rotliegend: Sandsteine und Tonsteine · Mergeltertiär: tertiäre Festgesteine; überwiegend geringdurchlässige Tonsteine, Tonmergel · Kalktertiär: tertiäre Kluftgrundwasserleiter, bereichsweise Karst; Kalksteine und Tonmergel · Lockergesteine: plio-pleistozäne Sande, Kiese Möglichkeiten der Grundwassererschließung · Rotliegend: geringe bis mittlere Ergiebigkeiten (heterogener Aufbau, hohes Erschließungsrisiko, verbreitet höhermineralisierte Wässer) · Mergeltertiär: geringe bis sehr geringe Ergiebigkeiten (meist keine ausreichende Brunnenergiebigkeit realisierbar) · Kalktertiär: mittlere bis hohe Ergiebigkeiten (gebietsweise möglich, heterogener Aufbau, hohes Erschließungsrisiko) · Lockergestein-Grundwasserleiter im Zentralbereich von Rheinhessen (Plateauflächen, Talauen): größere Entnahmemengen sind nicht möglich · Lockergestein-Grundwasserleiter der Rheinterrasse (Worms-Oppenheim, Bodenheim, Mainz-Bingen): größere Entnahmemengen sind möglich. · Trinkwasserschutzgebiete und Zustrombereiche der Wasserschutzgebiete sind zu berücksichtigen. Das Landesamt für Geologie und Bergbau steht für Fragen zur hydrogeologischen Situation und den Vorplanungen für Brunnenbaumaßnahmen den unterschiedlichen Maßnahmeträgern zur Verfügung. Informationen zu den verfügbaren Geologischen Karten sowie den Hydrogeologischen Themenkarten im Maßstab 1 : 200 000, die im Rahmen der hydrogeologischen Bearbeitung zur Europäischen Wasserrahmenrichtlinie zusammengestellt wurden, stehen auf der homepage des Landesamtes für Geologie und Bergbau (www.lgb-rlp.de,online-karten) zur Verfügung. Weiterführende Fragen zum Vortragsinhalt können an den Autor gerichtet werden. Literatur Wasserversorgungsplan, Teilgebiet 4. Ministerium für Umwelt und Forsten Rheinland-Pfalz, Mainz 2003. Wasserwirtschaftlicher Rahmenplan Rheinhessen. Ministerium für Umwelt und Forsten Rheinland-Pfalz, Abteilung Wasserwirtschaft Mainz, 1998.
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